In leichter Sprache

Wir sind für die freie Entscheidung

für oder gegen einen

Schwangerschaftsabbruch.

Dafür braucht es gute Unterstützung

und solidarische Menschen.

 

Leider gibt es viele Menschen

die der Meinung sind,

dass Frauen nicht selbst über ihren eigenen Körper

entscheiden sollen.

Solche Menschen nennen wir Abtreibungsgegner

und Gegnerinnen.

Sie versuchen Frauen zu bevormunden.

Sie versuchen Frauen ein schlechtes Gewissen zu machen.

Sie denken sie wissen besser was für uns gut ist.

Sie denken wir können keine eigenen Entscheidungen treffen.

 

Diese Meinung vertreten sie

am 25. Juli 2019 in der Salzburger Innenstadt.

Sie marschieren mit weissen Kreuzen.

Sie haben Schilder mit Lügen in der Hand.

Zum Beispiel

Frauen sind Mörderinnen

wenn sie abtreiben.

 

Das ist falsch!

 

Wir wollen verhindern,

dass diese Lügen verbreitet werden.

 

Wir lassen uns kein schlechtes Gewissen machen!

Wir entscheiden selbst!

 

Pro Choice is ois!

Pro Choice ist Englisch

und heisst

selbst entscheiden.

Man sagt pro tschois.

 

Is ois ist salzburgerisch.

und heisst

ist alles.

Der ganze Satz heißt

Selbst entscheiden ist alles!

1000-Kreuze-Marsch blockieren!

Salzburg, 25. 7. 2019

Demo: 11:30 Uhr, Salzburg Hauptbahnhof

Danach: 1000-Kreuze-Marsch blockieren! Für mehr feministischen Widerstand!

Für einen freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen!

Schluss mit der Instrumentalisierung von Menschen mit Beeinträchtigung durch rechte Gruppierungen!

Jedes Jahr im Sommer wird die Salzburger Altstadt Bühne eines befremdlichen Spektakels: ultra-religiöse FundamentalistInnen veranstalten einen sogenannten „Gebetszug 1000 Kreuze für das Leben“. Weiße Holzkreuze tragend ziehen selbsternannte „LebensschützerInnen“ dabei durch die Gassen. Organisiert wird das antifeministische Event von Human Life International (HLI, Lebenszentrum Salzburg) gemeinsam mit EuroProLife (München). Der „1000 Kreuze Marsch“ in Salzburg ist ein Treffen christlicher AntifeministInnen aus Österreich, Bayern und Südtirol.

Der Zweck ihres Auftrittes: Propaganda gegen reproduktive Selbstbestimmung und gegen Emanzipation ganz allgemein. Die ultra-religiösen Gruppierungen lehnen nicht nur Schwangerschaftsabbrüche ab, sie sprechen sich auch gegen jegliche Verhütungsmittel und fortschrittliche Sexualaufklärung aus. Somit treten sie für Zwangs-Schwangerschaften und eine Gebärpflicht für Frauen und Mädchen ein. Homosexualität und geschlechtliche Vielfalt sind ihnen ein Dorn im Auge – als einzige Form des Zusammenlebens gilt ihnen die konservative Kernfamilie mit möglichst vielen leiblichen Kindern.

Zudem instrumentalisieren diese Gruppierungen Menschen mit Beeinträchtigung für ihre rechte Agenda. Unter dem Vorwand, diese schützen zu wollen, spielen sie gezielt Menschen mit Beeinträchtigungen und Lernschwierigkeiten gegen ungewollt Schwangere aus. Aktuell betreibt eine rechte Gruppierung diese niederträchtige Argumentation besonders vehement: die MacherInnen der Kampagne #Fairändern. Unterstützt von Mitgliedern aus ÖVP und FPÖ, dem konservativen Männerbund CV (Cartellverband) und der katholischen Kirche holt #Fairändern aktuell zu einem Schlag gegen die teilweise Straffrei-Stellung von Schwangerschaftsabbrüchen (Fristenlösung) aus.

Wenn wir dem nicht jetzt unseren Widerstand entgegensetzen, sieht es schlecht aus für ungewollt Schwangere.

Dem wollen wir entgegentreten. Wir rufen zu einer Pro-Choice-Demo und zum Blockieren des 1000-Kreuze-Marsches auf.

Außerdem laden wir alle Feministinnen und anderen fortschrittlichen Menschen, mit und ohne Beeinträchtigung oder Lernschwierigkeiten, dazu ein, sich zu verbünden.

Wir verwenden die Begriffe Menschen mit Be_hinderung, Beeinträchtigung und Lernschwierigkeiten. Wir sind selber nicht betroffen, aber wollen dem Rechnung tragen, dass es verschiedene Selbstbezeichnungen gibt. Als Nicht-Betroffene wollen wir uns nicht für eine Bezeichnung entscheiden, die manchen Betroffenen möglicherweise nicht gerecht wird.

 

Sorgearbeit und Stigmatisierung in einer be_hindertenfeindlichen Gesellschaft

Die gebärende Person/Mutter ist die Person, die in den meisten Fällen ihren Kindern gegenüber verpflichtet ist und diese Verpflichtung wahrnimmt. Wir sprechen von patriarchaler Arbeitsteilung – u.a. christliche FundamentalistInnen tun alles für den Erhalt derselben. So lange Sorgearbeit in der Familie an Frauen* hängenbleibt, ist niemand sonst berechtigt, über die Größe und Beschaffenheit der Familie zu entscheiden. Abgesehen davon macht es aktuell leider doch einen Unterschied, ob ein Mensch mit oder ohne Be_hinderung geboren wird – oder besser, er wird gemacht. Zum Tragen kommt die embryopathische Indikation meist nicht aus Behindertenfeindlichkeit, sondern wegen der Auswirkungen auf die Person, die das Kind bekommt: sie ist die Einzige, die in jedem Fall Sorgearbeit und Unterstützung leisten wird.

Dazu kommen die Stigmatisierung von Be_hinderten, fehlende soziale Sicherung (Stichwort neue Mindestsicherung), die unzureichende Infrastruktur und die dadurch erschwert Teilhabe be_hinderter Personen, ihrer Mütter sowie be_hinderter Mütter an der Gesellschaft.

Die Instrumentalisierung von Menschen mit Be_hinderung durch AbtreibungsgegnerInnen ist zurückzuweisen.

Vergessen wird in der Diskussion oft, dass auch Frauen mit Be_hinderung ungewollt schwanger werden. Auch für diese Zielgruppe wäre es fatal, die Zugänglichkeit zu Abbrüchen weiter einzuschränken – die bestehende Gesetzeslage schafft schon jetzt teils unüberwindbare Barrieren (die Fristenregelung in Kombination mit weiten Anreisewegen zu Kliniken, die Abbrüche vornehmen, v.a. in Vorarlberg und Tirol). Frauen mit Be_hinderung wird auf vielfältige Weise verwehrt über ihren eigenen Körper zu entscheiden, beispielsweise durch zwangsweise Sterilisation oder die Verabreichung von hormonellen Langzeitverhütungsmitteln.

Schwangere entscheiden wohlüberlegt, ob sie eine Abtreibung durchführen lassen wollen oder nicht. Um diese Entscheidung ohne Angst vor Diskriminierung treffen zu können, darf der Schwangerschaftsabbruch nicht als schlechtere Wahl stigmatisiert werden.

If you don’t trust me with a choice, how can you trust me with a child?

#Fairändern: Rechte Initiative will Zwangs-Schwangerschaften

Rechte Kräfte wollen augenscheinlich den rückschrittlichen Konsens in großen Teilen der Bevölkerung nutzen, um eine vollständige Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen zu erreichen. Die Kampagne #Fairändern ist nur der erste Schritt, sozusagen ein Testballon, um zu sehen, wie weit sie gehen können. Die türkis-blaue Regierung war ein idealer Nährboden dafür. Klar ist, dass #Fairändern und Co. nach den Neuwahlen nicht aufgeben werden; egal ob uns wieder Türkis-Blau blüht oder eine andere Arschpartie am Ruder ist.

#fairändern geht […] deutlich geschickter vor als frühere Kampagnen der christlichen FundamentalistInnen. Anstatt lauthals „Abtreibung ist Mord“ zu rufen und vor Kliniken Schwangere zu terrorisieren, wie das HLI und Co. machen, versucht #fairändern mittels einer medienwirksamen Kampagne und einer Petition Aufmerksamkeit für ihre Forderungen zu generieren. Die schwarz-blaue Koalition sehen sie als ihre beste Chance, Schwangerschaftsabbrüche so unzugänglich wie möglich zu machen. So schreiben sie auf Facebook: „Die politische Lage für eine positive Veränderung im Lebensschutz war seit Einführung der Abtreibung 1975 noch nie so gut wie jetzt.“ (FIDA – Feministische Informations- und Dokumentations-Arbeit)

Die Niedertracht in den Forderungen von #Fairändern zeigt sich mitunter erst auf den zweiten Blick. Hinter scheinbar „harmlosen“ Formulierungen stecken zutiefst rückschrittliche Unterstellungen, wie sie für die ultra-religiöse Rechte typisch sind.

Die Forderung nach einer „Hinweispflicht des Arztes (sic!) auf Unterstützungs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen“ unterstellt zum Einen, dass medizinisches Personal erst per Gesetz gezwungen werden muss, in Beratungsgesprächen auf die Bedürfnisse von gewollt oder ungewollt Schwangeren einzugehen. Zum Anderen ist damit eine Beratung nach dem Geschmack der religiösen FundamentalistInnen gemeint: Frauen sollen zum Austragen der Schwangerschaft gedrängt werden. Eine solche Beratung wäre alles andere als ergebnisoffen.

Die Forderung nach einer „dreitägigen Bedenkzeit vor einem Schwangerschaftsabbruch“ suggeriert, dass Frauen selbst nicht in der Lage seien zu entscheiden, ob ihre Schwangerschaft gewollt oder ungewollt ist. Tatsächlich steht für 98% der Frauen bereits fest, dass sie einen Abbruch möchten, wenn sie einen Termin in der Klinik vereinbaren. Zahlen aus anderen Ländern zeigen, dass diese Zahl mit oder ohne Wartefrist konstant bleibt. Die „dreitägige Bedenkzeit“ erinnert zudem an die gesetzliche dreitägige „Abkühlphase“ vor dem Kauf einer Schusswaffe. Der Körper der ungewollt Schwangeren wird so rhetorisch zur tödlichen Waffe, vor welcher der Staat den Fötus zu schützen habe.

Die Forderung nach einer „Informationskampagne über Adoption/Pflege“ statt eines Schwangerschaftsabbruchs unterstellt, dass ungewollt Schwangere dazu bereit wären, sich neun Monate lang als Brutkästen zur Verfügung zu stellen. Ein derartiger Zugriff auf Frauenkörper ist eine Zumutung – und ein weiterer Schritt in Richtung Zwangs-Schwangerschaften.

Die Forderung nach einer „offiziellen Statistik und anonymen Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen“ läuft ins Leere. Die Gründe für Abbrüche sind längst bekannt, sie können u.a. im Österreichischen Verhütungsreport nachgelesen werden: zu teure Verhütungsmittel, abgeschlossene Familienplanung, „Beziehungsprobleme“ (d.h. Männergewalt, fehlende Unterstützung durch den Partner), Schwangerschaft nicht mit Arbeit oder Ausbildung vereinbar, und geringes Einkommen.

Die Kernforderung der Anti-Choice-Kampage zielt auf die aktuell im Gesetz vorgesehene „embryopathische Indikation“ ab. Während ein Abbruch ohne Angabe von Gründen nur in den ersten drei Monaten straffrei ist, wird auch dann von einer Gefängnis- oder Geldstrafe nach einem Abbruch abgesehen, wenn „die ernste Gefahr besteht, daß das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde“ (§97 Strafgesetzbuch).

Es ist kein Zufall, dass die ultra-religiöse Rechte an diesem Punkt ihren Hebel zur vollständigen Kriminalisierung ansetzt: schließlich sind viele Menschen zu Recht empört über die gesamtgesellschaftliche Diskriminierung und Abwertung von Menschen mit Beeinträchtigungen. Feministinnen und Beeinträchtigtenverbände kritisieren – ebenfalls zu Recht – den verstärkten Druck zur Pränataldiagnostik (PND): Schwangere werden zunehmend zu vorgeburtlichen Tests gedrängt, die eine spätere Beeinträchtigung des geborenen Kindes vorhersagen sollen. In einer zutiefst behindertenfeindlichen Gesellschaft tragen solche Tests zur Stigmatisierung von Menschen mit Beeinträchtigung und ihren Bezugspersonen bei. Es ist perfide, dass #Fairändern als ÖVP-FPÖ-unterstützte Kampagne vorgibt, sich für das Wohlergehen beeinträchtigter Menschen zu interessieren, während die (extrem) rechte türkis-blaue Regierung eben diesen Leuten auch noch Gelder strich.

#Fairändern blendet aktiv die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aus, und bürdet dadurch die durch fehlende Strukturen/Ressourcen für ein gutes Leben mit Beeinträchtigung entstehende Arbeit den Frauen auf. Die Frage, wer außer den Müttern die Unterstützung eines schwer beeinträchtigten Kindes zu leisten habe zu umgehen, oder die Antwort darauf in eine unbestimmte Zukunft zu verschieben, bedeutet, in der bestehenden Gesellschaft den Frauen diese Arbeit zuzuschieben. Zudem darf nicht übersehen werden, dass mehrere, miteinander verwobene Gründe für einen Abbruch vorliegen können, z.B. fehlendes Geld und die „embryopathische Indikation“, mitunter auf Druck von pränataldiagnostischen Vorhersagen. Nicht alle Frauen, die einen Spätabbruch erwägen gehören der gehobenen Mittelschicht an. Einrichtungen und Ressourcen, welche die Sorgearbeit vergesellschaften und zwischen den Geschlechtern gerecht aufteilen werden Schwangeren viel eher Umstände bieten, die eine Entscheidung FÜR ein Kind mit Beeinträchtigung ermöglichen, als ein Verbot von Spätabbrüchen oder eine Ächtung von PND alleine.


	

Wir wollen: Ein gutes Leben für Alle!

Ein gutes Leben für Alle braucht sowohl eine tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit Be_hinderung als auch einen anonymen, barrierefreien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.

Dazu sind konkret fortschrittliche Sexualaufklärung, freier Zugang zu Verhütung und die Aufhebung der patriarchalen Arbeitsteilung nötig.

Selbstbestimmung muss über den neoliberalen Begriff hinausgehen. Statt Vereinzelung und Individualisierung müssen die Vorraussetzungen für selbstbestimmte Entscheidungen gegeben sein: ein Ende der Diskriminierung von Frauen mit und ohne Be_hinderung. Patriarchat und Kapitalismus müssen überwunden werden.

Nur das Erkämpfen einer grundlegenden Verbesserung der Lebensumstände von Menschen mit Be_hinderung kann dazu führen, dass tatsächlich weniger Abbrüche wegen dieser Indikation durchgeführt werden. Erst, wenn ein gutes Leben für alle Menschen möglich ist, sind wirklich freie Entscheidungen über das Austragen oder den Abbruch einer Schwangerschaft möglich. Die Parteien von an der Petition ‚Fairändern‘ maßgeblich beteiligte Personen (ÖVP/FPÖ) stimmten übrigens für eine Kürzung der Familienbeihilfe für Eltern be_hinderter Kinder.

Organisierte AbtreibungsgegnerInnen in Österreich

Human Life International: Frauenfeindlich und antisemitisch

Reaktionäre AbtreibungsgegnerInnen sind weltweit aktiv. Wenn wir über organisierte AbtreibungsgegnerInnen in Salzburg reden, ist Human Life International (HLI) eine der hartnäckigsten Organisation in ihrer Mission Schwangerschaftsabbrüche zu kriminalisieren. Zur Verdeutlichung der ideologischen Wurzeln ein Zitat des Gründers Paul Marx: “an dem größten Holocaust aller Zeiten, der Abtreibung sind vornehmlich jüdische Ärzte und jüdische Feministinnen beteiligt”. HLI bezeichnet sich selbst als die größte “Lebensschützerorganisation” weltweit. Fest steht, dass wir es hier mit einer interkontinental tätigen Organisation zu tun haben. Der Leiter des Salzburger „Lebenszentrums“ ist Joannes Bucher. Mit ihm als „Europa-Koordinator“ betreibt HLI seine Expansion nach Osteuropa, um dort ihre sexistische Mission fortzusetzen. Pikanterweise ist Bucher als Psychotherapeut tätig.

Jugend für das Leben – Desinformation für Jugendliche

Jugend für das Leben soll in der Arbeitsteilung der organisierten AbtreibungsgegnerInnen das weniger verstaubte Standbein darstellen. Die Mitglieder mögen durchschnittlich jünger sein als jene von anderen Gruppierungen wie Human Life International (HLI) – aber nicht weniger reaktionär. Eine konkrete Gefahr, die von JfdL ausgeht, sind ihre sogenannten “Schuleinsätze.” Dabei treten sie in Schulen auf um dort im Rahmen des Unterrichts ihre Propaganda zu verbreiten. Laut Eigenangaben erfolgt die Einladung durch Lehrpersonen. Ein “Schuleinsatz” besteht laut JfdL aus einem “multimedialen Vortrag” und einer Diskussion. Der Einsatz sei kostenlos und erfolge auf Einladung der Schule in Religion oder Biologie für Schüler_innen ab 13 Jahren. Hinter dem “multimedialen Vortrag” steckt wohl die desinformierende, schwer ideologiegeladene Powerpoint-Präsentation auf der alten Version der Homepage der Gruppierung. Diese Schuleinsätze sind insofern eine Gefahr, als dadurch die sexistischen und sachlich falschen Äußerungen von Jugend für das Leben durch das Eingliedern in den Unterricht für Schüler_innen normalisiert und legitimiert werden.

Die Loretto-Gemeinschaft: Sommer, Sonne, Exorzismus

Einen Aufschwung erlebt aktuell die Loretto-Gemeinschaft – in Salzburg und österreichweit. In einem mehrstöckigen Haus an der Salzach betreiben sie eine sogenannte „Home Mission Base“. Dort werden zukünftige Kader der ultra-religiösen, rechten Gruppierung ausgebildet. Die Loretto-Gemeinschaft scheint äußerst finanzkräftig zu sein: neben dem Haus an der Salzach betreiben sie ein Büro am Hanuschplatz und die Dombuchhandlung in der Altstadt. Zu Pfingsten veranstalten sie ein sogenanntes „Fest der Jugend“. Mehrere tausend Jugendliche nehmen jährlich daran teil. 2017 konnten Zuseher_innen per Live Stream verfolgen, wie ein Loretto-Kader im Beisein von Erzbischof Lackner von der Festung aus einen Laien-Exorzismus über die Gynmed abhielt und die „Dämonen“ aus der Klinik für Schwangerschaftsabbrüche im LKH austrieb.

Internationales: Wenn die fundamentalistische Mission Früchte trägt

Unsichere Schwangerschaftsabbrüche sind eine der häufigsten Todesursachen von Frauen weltweit, mit geschätzten 25 Millionen unsicheren Abtreibungen pro Jahr.

Lateinamerika. In der Region gibt es die restriktivsten Abtreibungsgesetze weltweit, gleichzeitig werden hier im Durchschnitt die meisten Abtreibungen durchgeführt.

Sicher ist, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nicht primär mit der jeweiligen Gesetzgebung eines Landes zusammenhängt. Vielmehr scheint eine direkte Verbindung zwischen dem Einfluss der Kirche, dem Grad der Sexualaufklärung der Bevölkerung und der Abtreibungsrate zu bestehen. Im Folgenden sollen die Beispiele Mexiko und Guatemala die Situation illustrieren.

Mexiko. Abtreibung ist hier die vierthäufigste Todesursache bei Frauen im gebärfähigen Alter. Hier ist der gerade in den ländlicheren und konservativeren Gegenden Mexikos weiterhin große Einfluss der katholischen Kirche hervorzuheben. So reagiert sie mit vehementer Ablehnung auf jede Kampagne, die den Gebrauch von Verhütungsmitteln propagiert.

Guatemala. Pastoren der neuen Pfingstbewegung und konservative ParlamentarierInnen fordern ein „Gesetz für das Leben und die Familie“. Mit diesem Gesetz sollen auch spontane Schwangerschaftsabgänge kriminalisiert werden. Darüber hinaus soll jegliche Einforderung nach einer Debatte über therapeutische Abtreibungen unter Strafe gestellt werden.

In beiden Ländern werden ehemals Schwangere nach Fehlgeburten regelmäßig zu Haftstrafen verurteilt. Grundsätzlich und in allen Fällen strafbar und als Mord verfolgbar sind Abbrüche in El Salvador, Nicaragua, Honduras , Chile, Haiti und Surinam. Dies gilt auch für Schwangerschaften nach Vergewaltigungen und bei Lebensgefahr für die Schwangere. In El Salvador kam kürzlich Teodora del Carmen Vásquez frei, nachdem sie über ein Jahrzehnt hinter Gittern verbringen musste. Grund dafür war eine Fehlgeburt. Sie war des Mordes schuldig gesprochen und ursprünglich zu 30 Jahren verurteilt worden.

Nordamerika

In den USA zielen bestens organisierte AbtreibungsgegnerInnen mit ihren Vorstößen auf den Obersten Gerichtshof. Er soll ein Grundsatzurteil aufheben, das 1975 Abtreibungen landesweit legalisierte. Ob der rechten Mehrheit im Supreme Court (Brett Cavanaugh) gilt es als wahrscheinlich, dass dies gelingen wird. Speziell hier wird deutlich, was sich hinter dem Slogan ‚Für das Leben‘ verbirgt: ‚Pro-Lifer‘ sehen kein Problem darin, dass Mütter und Kinder in prekären Verhältnissen zu Opfern eines kaputten Gesundheitssystems werden.

Irland

Bis 2018 waren Abtreibungen in Irland selbst bei Vergewaltigung, Inzest oder einer tödlichen Fehlbildung des Fötus verboten. Damit war es eines der Länder mit den schärfsten Abtreibungsgesetzen in der EU. Bei einer Abtreibung drohten Frauen bis zu 14 Jahre Haft. Seit 1980 reisten geschätzt 170’000 irische Frauen nach Grossbritannien, um eine Abtreibung vornehmen zu lassen.

Im Mai 2018 stimmte die irische Bevölkerung in einem Referendum mit großer Mehrheit für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbruch. Das Parlament beschloss daraufhin ein neues Gesetz zur teilweisen Legalisierung von Abbrüchen. Laut Amnesty International stehen Frauen in Irland allerdings immer noch vor Hürden, wenn sie einen Abbruch brauchen (Fristen, Indikationen).

Polen

Abtreibungen sind illegal. Verschiedene Indikationen können sie außer Strafe stellen. Konservative Kräfte versuchen in den letzten Jahren verstärkt, Abtreibungen in allen Fällen zu kriminalisieren, auch bei Schwangerschaften als Folge von Vergewaltigung und Inzest oder bei ernsthafter Gefahr für Leib und Leben der Schwangeren. Der sogenannte Schwarze Protest schlug 2016 große Wellen, Menschenrechtsorganisationen richteten ihre Aufmerksamkeit auf Frauenrechte in Polen. Bis jetzt konnte durch den Protest Schlimmeres verhindert werden, ein geplantes Gesetz zur weiteren Einschränkung wurde verhindert.

Niederlande

Die Niederlande gehören zu den Ländern mit der besten Zugänglichkeit zu Abbrüchen weltweit. Dass sie auch zu den Ländern mit der geringsten Abtreibungsrate gehören, ist kein Zufall. Jugendliche werden dort umfassend in den Schulen und durch die Medien aufgeklärt, dazu kommt ein einfacher Zugang zu Verhütungsmitteln.

Vor diesem Hintergrund ist klar, dass wir keinerlei Rückschritte in der Gesetzgebung hinnehmen und christlichen FundamentalistInnen nicht das Feld überlassen werden. Die Notwendigen Rahmenbedingungen für echte Entscheidungsfreiheit müssen geschaffen werden, jegliche Einschränkungen sind strikt abzulehnen

Gebären für das Vaterland?!

Die Machenschaften von organisierten AbtreibungsgegnerInnen sind Teil einer globalen Entwicklung nach rechts. Kein autoritärer Staat kommt ohne das Beschneiden der Selbstbestimmung von Frauen aus. Im Inneren dient die heterosexuelle Kleinfamilie als Keimzelle des Staates. Die Sicherung der Macht des Staates über alle Bürger_innen funktioniert somit über die Sicherung der Macht von Männern über Frauen. Es ist kein Zufall, dass der Aufstieg von parlamentarischen und außerparlamentarischen extrem rechten Kräften einhergeht mit Angriffen auf den freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. Deshalb verstehen wir reproduktive Selbstbestimmung nicht als isolierten Kampf, sondern als eine Querschnittmaterie, die im Kampf um eine befreite Gesellschaft eine zentrale Rolle einnimmt.

Die Politik im Inneren und die Militarisierung der EU-Außengrenzen sind zwei Seiten der selben Medaille: Christlich-konservative und völkisch-rechte Kräfte schließen sich zusammen, um in rassistischer Diktion eine militärische Abschottungspolitik durchzusetzen. Gleichzeitig sollen diejenigen Frauen*, deren Herkunft den rechten Machthabern genehm ist, neue Staatsbürger_innen und Arbeitskräfte gebären. Der Uterus wird so zur Produktionsstätte von neuen Mitgliedern einer imaginierten „Volksgemeinschaft“. Was für eine Scheiße!